ein »Stützpfeiler« der deutschen Bonsai-Szene, war Visionär und Profi durch und durch. Der Gärtnermeister eröffnete bereits 1982 nach einem Praktikum im Bonsai-Zentrum Heidelberg gemeinsam mit seiner Ehefrau Michaela eine Baumschule ausschließlich für Bonsai. In dem europaweit einzigartigen Gartenbaubetrieb wurden seitdem unzählige einheimische Bäume vom Sämling an auf ein Leben in einer Bonsaischale vorbereitet. Es wurden Kontakte nach Fernost geknüpft und die Familie Pieper importierte bald auch Bonsai aus Japan, später auch aus Korea und Indonesien. 2014 umfaßt das Gelände der Bonsaischule Enger eine Fläche von 3 Hektar und ist das Ziel von Bonsaifreunden aus ganz Europa.
Hermann Pieper verstarb am 8. März 2014 und hinterließ nicht nur eine trauernde Familie und enge Freunde: Die gesamte Bonsai-Szene zeigte sich betroffen über den Verlust dieser großartigen Persönlichkeit. Die Familie Pieper entschied sich, die traditionelle Herbstveranstaltung der Bonsaischule Enger im jahre 2014 um eine Ausstellung der privaten Sammlung von Hermann Pieper zu erweitern. So hatten wir am ersten Novemberwochenende die Möglichkeit, die bedeutendsten Stücke aus dem Lebenswerk von Hermann Pieper zu betrachten und uns an viele anregende Gespräche mit ihm zu erinnern.
Hermann Pieper hat sich von Anfang an auf die Gestaltung einheimischer Bäume konzentriert. Unter den Laubbäumen gehörten insbesondere die Buchen zu seinen Favoriten. Die oben gezeigte Blutbuche ist im streng aufrechten Stil gestaltet. Als Kaskade gestaltete er eine Rotbuche (Fagus sylvatica) auf dem untenstehenden Bild.
Mit dieser Rotbuche war Hermann Pieper ganz besonders verbunden. Er entdeckte den 30-jährigen Findling im eigenen Alter von 30 Jahren - somit war der Baum genauso alt wie sein zukünftiger Gestalter. Baum und Gestalter entwickelten sich gemeinsam und der wertvolle Bonsai wurde zum lebenden Firmenlogo der Bonsaischule Enger.
Dieser Wald aus Japanischen Lärchen, Larix kaempferi, war Hermann Pieper besonders teuer. Mit einem fünfstämmigen Wald begann er 2003 seine Ausbildung zum Bonsailehrer an der Scuola d'Arte Bonsai. In vielen Jahren intensiver und liebevoller Gestaltungsarbeit entwickelte es daraus diese überzeugende Komposition. Kraftvoll und majestätisch überragt der zentrale Baum die ruhige Gruppe und scheint wie ein beschützender Vater inmitten seiner Familie zu stehen.
Welcher Bonsai schafft es schon, vom Bundespräsidenten eingeladen zu werden? Hermann Pieper durfte Dutzende seiner Bäume in den Amtssitz von Joachim Gauck bringen.
Jeder kennt die jährlich von der Deutschen Post herausgegebenen Wohlfahrtsmarken. 2013 waren als Motive der drei Marken blühende Bäume vorgesehen: Vogelkirsche, Kastanie und Linde. Die Bonsaischule Enger wurde um Unterstützung gebeten, der feierlichen Vorstellung einen besonderen Rahmen zu geben. So haben die Piepers mehr als 150 junge Linden an die Gäste verteilt und auch drei Solitäre aus dem Besitz von Hermann Pieper durften der Veranstaltung auf Schloss Bellevue beiwohnen. Dies war vermutlich eine der bedeutendsten Stunden für Hermann Pieper und seine hier gezeigte Winterlinde.
Mit dieser Mädchenkiefer begann eine der zahlreichen Erfolgsgeschichten der Bonsaischule. Hermann Pieper veredelte diesen Baum Anfang der achtziger Jahre und gestaltete ihn in der Folge zu einem besonders schönen Bonsai. Die damalige Veredelungsmethode wird heute noch in Enger angewandt, um gesunde und wüchsige Mädchenkiefern für den Verkauf zu produzieren.
Seltsames gibt es über diese ehemals prächtige Schwarzkiefer zu berichten: Über viele Jahre wurde der vitale Bonsai in der Bonsaischule Enger gepflegt, bis er aus ungeklärter Ursache erkrankte. Im Herbst 2013 entschlossen sich Hermann Pieper und sein Team, den Bonsai aus der Schale zu nehmen und zur Kräftigung im Freiland auszupflanzen: Ein durchaus übliches Verfahren, einem angeschlagenen Bonsai wieder »auf die Beine« zu helfen. Im Frühjahr 2014 ging der Baum vollends ein, die letzte Lebenskraft hatte ihn verlassen.
Kurz vor meiner Rückfahrt taucht die untergehende Herbstsonne noch einen ganz besonderen Platz in warmes Licht:
Ein letzter Gruß vor den dunklen Monaten? Der Wechsel der Jahreszeiten von Frühling und Sommer über den Herbst zum Winter gehören zu unserem Leben. Auch die Bäume unserer Breiten brauchen diesen Ablauf. Für sie wird es einen neuen Frühling geben. Hermann Pieper werden wir nur noch in unseren Erinnerungen treffen und vielleicht hin und wieder mit seiner Familie darüber reden, was er für jeden Einzelnen von uns bedeutet hat. Sein Werk jedoch, die Bonsaischule Enger, wird uns auch im nächsten Frühjahr wieder als Gäste begrüßen. Familie Pieper wird das Unternehmen im Geiste des Gründers fortzuführen, der diesen Weg bereits vor Jahren vorgezeichnet hat.